Negative Erfahrung im Zweitspracherwerb: Eine Studie zur Entwicklung der Interlanguage von Kindern einer deutsch-französischen Kindertagesstätte in Berlin

By Nadine Comes | May 5, 2017

Summary (Nadine Comes: Negative Experiences in Second-Language Acquisition: A Study of the Development of Interlanguage in Children at a German-French Daycare Centre in Berlin): The following contribution informs readers about the results of a qualitative study on the theme of negative formative experiences in the language acquisition of two- to six-year-old children in a bilingual German-French daycare centre in Berlin. The article introduces the theme of negative formative experiences and explicates how the investigated „negative experiences“ were related to the existence of a learner’s inner language (interlanguage) (Selinker, 1972, p. 214) and aligned with three previously defined competence areas. A working hypothesis was established for each of the three competence areas, and its proof or disproof is described and anlaysed with examples in the article.
Keywords: Language acquisition, negative experience, multilingulism, interlanguage

Резюме (Надин Комес: Негативный опыт в освоении второго языка: Исследование развития языка-посредника детей немецко-французского детского сада в Берлине): Настоящая статья информирует о результатах квалитативного исследования темы отрицательного образовательного опыта в освоении языка детьми от двух до шести лет в берлинском двуязычном немецко-французском детском саде. Данная статья вводит в тему отрицательного образовательного опыта и показывает, как исследованный «негативный опты» был связан с существованием языка-посредника (Зелинкер, 1972, стр. 214) и причислен к трем заранее определенным компетенциям. К трем компетенциям было разработано по одной рабочей гипотезе, подтверждение или опровержение которых описывается и анализируется в этой статье на основе примеров.
Ключевые слова: освоение языка, негативный опыт, многоязычность, язык-посредник

Zusammenfassung: Der folgende Beitrag informiert über die Ergebnisse einer qualitativen Studie zur Thematik negativer bildender Erfahrungen im Spracherwerb von zwei- bis sechsjährigen Kindern in einer Berliner bilingualen deutsch-französischen Kindertagesstätte. Dieser Beitrag führt in die Thematik der bildenden negativen Erfahrung ein und stellt dar, wie die erforschten „negativen Erfahrungen“ zu der Existenz einer Lerner*innensprache (Interlanguage) (Selinker, 1972, S. 214) in Beziehung gesetzt und drei vorab definierten Kompetenzbereichen zugeordnet wurden. Zu den drei Kompetenzbereichen wurde je eine Arbeitshypothese erstellt, deren Bestätigung oder Widerlegung in diesem Beitrag anhand von Beispielen beschrieben und analysiert wird.
Schlüsselwörter: Spracherwerb, negative Erfahrung, Mehrsprachigkeit, Interlanguage


Negative Erfahrungen?

Der Begriff „negative Erfahrung“ steht in diesem Zusammenhang nicht für die alltagssprachliche Definition, in der negativ mit „schlecht“ , „unerwünscht“ assoziiert wird. Vielmehr kommt in diesem Fall die „pädagogische“ Theorie der Bildung zum Tragen, in der negativ für „bildend mittels Irritation“ steht. Dem Begriff Bildung wird hier das Konzept der perfectibilité (Bildsamkeit / Vervollkommnungsfähigkeit) des Menschen zugrunde gelegt. Dieses drückt aus, dass der Mensch unfertig geboren wird, aber die Fähigkeit besitzt, Fähigkeiten zu entwickeln (Rousseau, 1990, S. 102 ff.). Um sich zu bilden, ist er darauf angewiesen, Erfahrungen an der Welt zu machen und diese zu seinen Vorerfahrungen und Erwartungen in Beziehung zu setzen. Er erkennt so, dass etwas anders ist, als er angenommen hatte, und es kommt infolgedessen zu einer Irritation, einem Fremdheitsgefühl (Benner, 2005, S. 7). Dies lässt ihn eine Grenze seines bisherigen Wissens und Könnens entdecken. Er lernt, indem er seine Vorerfahrungen mit Hilfe der negativen Erfahrungen nun neu interpretieren kann.

In der vorliegenden Studie wird dieser Ansatz auf den Zweitspracherwerb angewendet, und es wird dabei davon ausgegangen, dass Lernen keinen fest definierten Ausgangs- und Endpunkt hat. Der Erwerb einer Sprache, sei es die erste oder jede weitere, ist also stets von Erfahrungen geprägt, die zuvor gemacht wurden. Vorerfahrungen können in diesem Zusammenhang z. B. die Geräusche sein, die das Baby im Mutterleib wahrgenommen hat, Lieder und Sprüche für Kinder oder Eindrücke einer anderen Sprache bei einer Reise. Der Lernprozess endet aber nicht an dem Zeitpunkt, wo formell alle Eigenschaften einer Sprache erworben worden sind, denn es wird immer noch weitere Themen, Objekte und Gebräuche in der nahen oder fernen Umgebung des Menschen geben, die etwas Unbekanntes beinhalten und eine selbsttätige Auseinandersetzung mit Hilfe von Sprache(n) fordern.

Was ist Interlanguage?

Der Erwerb einer zweiten und jeder weiteren Sprache ist demnach beeinflusst von den Strukturen und charakteristischen Merkmalen der bereits erworbenen ersten Sprache. Im Lernprozess geht dabei der Zustand des Nicht-Könnens (hier: des Nicht-Verstehens, Nicht-Sprechens) nicht ohne weiteres in den des Könnens über. Vielmehr befindet sich der Lernende in einem Zwischenraum, in dem seine neue Sprache sowohl von der Erst- als auch von der Zweitsprache geprägt ist. Diese individuelle Lernersprache bezeichne ich in Anlehnung an Selinker (1972) und Meyer (1986) zur Zweitspracherwerbsforschung als Interlanguage.

Um die Spracherfahrungen der Kinder in der bilingualen Kindertagesstätte in Bezug auf ihren Sprachstand besser einordnen zu können, habe ich mich nach dem Ansatz von Kielhöfer/Jonekeit (1994) gerichtet, die bei zweisprachig aufwachsenden Kindern keine Erst- oder Zweitsprache definieren, sondern den Sprachen die Kategorien stark und schwach zuordnen. Die starke bzw. schwache Sprache ist dabei nicht feststehend, die Dominanz kann sich z. B. durch Reisen in Länder verändern, in denen die andere Sprache gesprochen wird. Es sei angemerkt, dass die schwache Sprache bei diesen Kindern nicht mit dem Begriff der Fremdsprache gleichzusetzen ist, weil beide Sprachen in der Kindheit simultan und in natürlichen Situationen erworben werden. Das Erlernen einer Fremdsprache ist dagegen durch gesteuerte Lernprozesse in Institutionen (z. B. Schule, Hochschule, Sprachkurs) gekennzeichnet.

Beobachtungen zur Forschungsthematik

Die Erforschung von Prozessen des Erst-und Zweitspracherwerbs gewinnt immer mehr an Bedeutung, weil die Gesellschaft durch Globalisierung und Migration damit konfrontiert wird, Menschen mit nichtdeutscher Herkunftssprache für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben qualifizieren zu wollen. Dafür ist es wichtig, Spracherwerbsprozesse zu verstehen, um gezielte Unterstützung in den verschiedenen Phasen anbieten zu können.

Die hier dargestellte Studie erfolgte in teilnehmender Beobachtung an fünf aufeinander folgenden Wochen am Alltag der Kinder und Erzieher in der Kindertagesstätte. Aus der Perspektive einer Praktikantin wurde beobachtet, welche Erfahrungen die Kinder mit beiden Sprachen machen, welche Ideen sie zu ihnen, den Sprechern und den Kulturen äußern und inwieweit ihre Lernersprache die Teilnahme an Gesprächssituationen beeinflusst.

Die Kindertagesstätte „Loupiot“

„Loupiot“ ist eine bilinguale deutsch-französische Elterninitiativ-Kindertagesstätte in der Trägerschaft des Vereins Loupiot e. V. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, die Mehrsprachigkeit der Kinder explizit durch mehrsprachige Personen, Medien und pädagogische Angebote zu fördern. Loupiot e. V. verfolgt das Prinzip „Eine Person, eine Sprache“. In diesem Konzept sprechen die Erzieher (fast) ausschließlich ihre Muttersprache und repräsentieren so für die Kinder diese Sprache, ihre Sprecher und Kultur. Die Einrichtung befindet sich im Bezirk Berlin-Neukölln (Ortsteil Neukölln) in einer Vierzimmer-Erdgeschosswohnung. Die 20 ganztägig betreuten Kinder waren im Beobachtungszeitraum zwei bis sechs Jahre alt. Fünf Kinder waren einsprachig deutsch, die anderen kamen aus Familien mit zweisprachig deutsch-französischem Hintergrund. Alle wohnten in Neukölln. Die Kindertagesstätte ist altersgemischt, teilt für einige Aktivitäten und die Mittagszeit die Kinder aber in jeweils eine Gruppe der größeren und eine Gruppe der kleineren Kinder auf. Zum Beobachtungszeitraum gab es bei „Loupiot“ zwei deutschsprachige Erzieher (staatlich anerkannte Ausbildung) und zwei französischsprachige Erzieher (Ausbildung „Educateur de jeunes enfants“), alle sprachen neben ihrer Erstsprache auch so gut die jeweils andere Sprache so gut, dass sie von den Kindern, Eltern und Kollegen verstanden werden konnten. Die Eltern übernehmen im Wechsel verschiedene Organisationsaufgaben wie z. B. Einkauf von Lebensmitteln und Reinigungsprodukten, Wäsche waschen, Instandhaltung und Ausbesserung des Mobiliars und der Räume (http://www.loupiot.de/kita/concept.php).

Kompetenzbereiche

In dieser Studie wurde auf Konzepte des DFG-Forschungsprojekts ETIK I (Entwicklung eines Testinstrumentes zu einer didaktisch und bildungstheoretisch ausgewiesenen Erfassung moralischer Kompetenzen, bezogen auf den Ethik-Unterricht an öffentlichen Schulen, 2008-2010) zurückgegriffen. Die in diesem Projekt entwickelte Unterscheidung zwischen moralischen Grundkenntnissen, moralischer Urteilskompetenz (Reflexion und Beurteilung moralischer Probleme) und moralischer Handlungskompetenz (Stellungnahme zu moralischen Problemsituationen) legte ich in meiner MasterarbeitUntersuchung in Form einer Unterscheidung zwischen Grundwissen der Sprachen deutsch und französisch, auf diese Sprachen bezogene Deutungskompetenz/Urteilskompetenz sowie interlinguale Kommunikationskompetenz / Interaktionskompetenz zugrunde.

Folgende Bereiche wurden untersucht:

1. Grundwissen der Sprachen

Das Grundwissen der Sprachen betraf in meiner Untersuchung die unbewusste und bewusste Kenntnis über Konstruktion und besondere Merkmale der Sprachen, z. B. die Bildung der Vergangenheitsformen.

Zur Methodik: Die Hypothese bezüglich des Grundwissens war, dass eigene Konstruktionen in den beiden Sprachen durch die Interlanguage der Kinder bedingt sind und eine Irritation eine bildende negative Erfahrung in diesem Bereich einleitet.

Bei der Beobachtung stellte ich fest, dass diese Irritation sehr häufig auftrat, wenn die Kinder nach ihrer Äußerung von Erziehern oder anderen Kindern sprachlich korrigiert wurden. Zum Beispiel beobachtete ich die Situation, in der ein sechsjähriges Kind mit Französisch als starker Sprache auf die Frage einer Erzieherin, wer schon mal richtig gelogen habe, antwortete, es habe schon „richtig doll gelügt“. Es wurde von der Erzieherin korrigiert: „Gelogen!“ und hielt daraufhin in seiner Erzählung über seine Lügengeschichte inne. Das Kind hat in diesem Fall durch eine Korrektur eine Grenze seines Wissens und Könnens erkannt. Es ließ sich feststellen, dass das Kind eine bildende Erfahrung gemacht hat, denn es reflektierte seinen Sprechakt und veränderte ihn anschließend: „Ja. Gelogen. Einmal, da…“

Die erlebte negative Erfahrung war in den meisten der beobachteten Fälle bildend. Die Kinder wurden sich bewusst, dass ihre eigenen sprachlichen Konstruktionen sich von denen Anderer unterschieden und veränderten sie daraufhin.

2. Deutungskompetenz / Urteilskompetenz

Deutungskompetenz bezog ich für meine Studie auf den Bereich Verstehen und Übersetzen. Sie betraf die Fähigkeit des Lerners, auf seine Vorerfahrungen mit den Sprachen aktiv zurückgreifen zu können, d. h. seine eigenen Kenntnisse reflektieren und beurteilen zu können. Dem Begriff „Verstehen“ wurde in der vorliegenden Studie die Fähigkeit zugeordnet, die Sprachen als Mittel der Informationsweitergabe und des Beziehungsaufbaus zu verwenden und die mit den Sprachen vermittelten Weltansichten nachzuvollziehen. Auch das Nachdenken über Sprache bezog ich in diese Kategorie mit ein.

Die zu überprüfende Annahme für die Deutungskompetenz im Bereich Verstehen/Übersetzen war, dass ein durch Interlanguage bedingter reduzierter Wortschatz und Inferenzen zwischen den Sprachen das Verständnis zwischen Sprecher und Hörer einschränken. Eine größere kommunikative Kompetenz in der Zielsprache und die Weiterentwicklung der Interlanguage kann nur erreicht werden, wenn sich die Kommunikationspartner des Un- bzw. Missverständnisses bewusst werden und ein Austausch darüber stattfindet.

Die Beobachtung zeigte, dass in vielen Fällen tatsächlich Interferenzen zwischen den Sprachen auftraten. Dabei ließ sich aber feststellen, dass die Transfers, hier in Form von Übersetzungen, nicht nur von der starken in die schwache Sprache erfolgten. Das lässt sich durch den Umstand erklären, dass bei den meisten der Kinder mit Französisch als starker Sprache Deutsch die Umgebungssprache war und deshalb einen Einfluss auf ihre starke Sprache hatte.

Beispiel 1

Kind 1: „Il est où, le de moi?“
Erzieherin 1: „Le mien. Celui de toi, il est là-bas.“

Es wurde deutlich, dass Missverständnisse vor allem dann entstanden, wenn zuvor Schweirigkeiten beim Hörverstehen und beim Wortschatz auftraten. Die beobachteten Missverständnisse wurden allerdings in allen Fällen aufgeklärt bzw., es wurde Verständigung erzielt, indem Sprecher und Hörer ihre Kommunikation auf die Bedürfnisse des Anderen abstimmten. Dies geschah durch Nachfragen, Reformulierung des Gesagten und Übersetzen.

Beispiel 2

Erzieher 2: „Tu ne veux pas encore colorier ton image?“
Kind 2: „Oui.“
Erzieher 2: „Ah, tu as mis ton nom. Mais tu ne veux pas le colorier? Anmalen?“

Die Kinder durchliefen mit Hilfe dieses Austauschs Erfahrungen, die für sie bildend wurden. Ihre Interlanguage konnte sich beobachtbar weiterentwickeln. Um eine dauerhafte Entwicklung feststellen zu können, hätte es aber einer intensiveren und längeren Beobachtungszeit einzelner Kinder bedurft. Damit bestätigte sich die Annahme, dass der reduzierte Wortschatz das Verständnis zwischen den Gesprächspartnern erschwert. Alle Kinder sind sich stets bewusst gewesen, dass sie von zwei Sprachen umgeben waren. Sie konnten fast immer gut einschätzen, was sie verstehen bzw. nicht verstehen. Das zeigt, dass sie ihre eigene Sprachkompetenz gut einschätzen und reflektieren konnten.

3. Partizipationskompetenz

Partizipationskompetenz bedeutete für mich die Fähigkeit, sich mit den Sprachen angemessen verhalten zu können, andere Weltansichten anzuhören und zu respektieren. In diesem Bereich beobachtete ich die Teilhabe der Kinder an Kommunikations- und Interaktionssituationen zwischen Kindern und Erziehern und die Auseinandersetzung der Kinder mit den Sprachen.

Ein Lerner einer zweiten Sprache, der über einen begrenzten Wortschatz verfügt, wird seine Sprechabsicht vielleicht nicht so realisieren können, wie er es geplant hatte. Die Konsequenz kann sein, dass er seine Kommunikationsabsicht reduziert und/oder sich aus der Kommunikationssituation zurückzieht (Bausch/Kasper, 1978, S. 17 ff).

Als Hypothese stellte ich auf, dass die Interlanguage der Kinder sie darin einschränkt, Konzepte der jeweils neuen Sprache zu verstehen und mit Sprechern dieser Sprache in Interaktion zu treten. Infolgedessen können sie nicht vollständig an den Konzepten teilhaben und ziehen sich aus der Kommunikation zurück.

Meine Beobachtungen ergaben, dass die These sich nur in zwei (von 16) Fällen bewahrheitet hat. Diese Situationen zeigten einen Rückzug aus der Kommunikation bzw. deren Ablehnung. Die beteiligten Kinder waren einsprachig deutsch und mussten das Gespräch auf Französisch mit ihren begrenzten Mitteln aufrechterhalten. Dies gelang ihnen noch nicht und könnte ein Grund sein, warum sie in der Kommunikationssituation nicht mit einer Antwort oder einer anderen Reaktion interagierten.

Beispiel 3

Erzieher 3: „Mets la tour Eiffel sous la chaise.“
Kind 3: keine Reaktion
Erzieher 3: „SOUS la chaise!“

In den anderen Fällen, in denen sich die Kinder mit einer oder beiden Sprachen auseinandersetzten, war kein Rückzug aus der Kommunikation feststellbar.

Beispiel 4

Erzieher 4: „C’est quelle couleur, vert, en allemand?“
Kind 4: „Grün.“
Kind 5: „Verre heißt auch Glas!“

Die Kinder erlebten hier bildende Erfahrungen, indem sie an eine Grenze ihrer Ausdrucks- und Verständigungsfähigkeiten gelangten. Auch wenn die Kinder durch ihre Lernersprache in ihren Kommunikationsmöglichkeiten begrenzt waren, nahmen sie fast immer aktiv an der Interaktion teil. Bei Betrachtung aller Fälle zur Partizipationskompetenz hielt ich fest, dass die Kinder sich mit Freude und eifrig in Gesprächssituationen einbringen und ihre Kommunikationsabsicht selten reduzieren, wenn sie etwas nicht verstehen oder ihrerseits nicht verstanden werden.

Fazit

Im Hinblick auf die Entwicklung der Interlanguage der Kinder kam ich zu dem Ergebnis, dass sich ein Entwicklungsprozess im Bereich des Grundwissens für ungelernte Beobachter einfacher feststellen lässt als in den anderen Bereichen. Dies führte ich darauf zurück, dass hier oft eine direkte Änderung des sprachlichen Verhaltens auftritt, während in den Bereichen der Deutungs- und Partizipationskompetenz eine Veränderung für mich nicht unmittelbar zu erkennen war.

Es war weiterhin schwierig zu beurteilen, wie weit die Partizipationskompetenz der Kinder in beiden Sprachen entwickelt war, weil meiner Studie zugrundeliegende Definition der Partizipationskompetenz sich eher an jugendlichen/erwachsenen Lernern orientierte.

In der Beobachtungsphase der Kinder von „Loupiot“ habe ich festgestellt, dass sich ihr Lernverhalten von dem Erwachsener insoweit unterscheidet, dass die Kinder weniger durch Vorerfahrungen im Umgang mit eigenen und fremden Fehlern beeinflusst sind. Sie sind eher bereit als Erwachsene, eine unkorrekte Äußerung zu realisieren, weil sie sich mitteilen möchten. Dieser Wunsch, gehört und verstanden zu werden, steht für sie über einer korrekten Ausdrucksweise.

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Über die Autorin

Nadine Comes, M. A.: Promovendin zur Thematik Erst- und Zweitspracherwerb im Vorschulalter; wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilung Bildungsforschung und Schulentwicklung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg (Deutschland). Kontakt: nadine.comes@ph-freiburg.de

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